Mansfelder Schachsommer 2020 - Statthalter der Schachgöttin

Gespeichert von c4 am Di., 28.07.2020 - 11:17

Ein klein wenig Geschichte wurde geschrieben - mit dem "Sommerschach 2020" auf Schloß Mansfeld. Denn das Turnier war deutschlandweit das allererste Schach-Open seit Corona. 
Die Schachfreunde Hettstedt hatten ihr Turnier niemals abgesagt (aus Optimismus), aber auch keinerlei Werbung dafür gemacht (aus Realismus). Als dann mit der 7.Eindämmungsverordnung die Durchführung kurzfristig doch noch möglich war, strömte sehr schnell eine Flut von Anmeldungen herein. Erstaunlich viele mitteleuropäische Schachgeier hatten bereits Witterung aufgenommen und das Turnier in seinem Internet-Versteck (www.kalliwoda.de) aufgespürt. Und seine "Nicht-Absage" konstatiert. 

Da die Regierung von Sachsen-Anhalt ihre Maßnahmen differenziert den realen Infektionszahlen im Lande angepasst hatte (und eben nicht den Standart des eifrigsten Corona-Sheriffs aller Zeiten blind übernahm) wurde unser Turnier möglich. Dieser deutsche Föderalismus nahm seinen Anfang vor den Toren von Schloß Mansfeld. In der "Schlacht am Welfesholz" im Jahre 1115 besiegte ein Bündnis sächsischer Regional-Fürsten erstmals das kaiserliche Heer. Graf Hoyer von Mansfeld war der Feldmarschall von Kaiser Heinrich dem Fünften und fiel in dieser Schlacht. 

Und nun kamen 900 Jahre später viele starke Schachspieler auf das Schloß derer von Mansfeld, die vorher teilweise noch nie etwas vom Mansfelder Land gehört hatten. Auf dem Zeltplatz mitten in der Ruine, vor dem Cafe, auf den Bierbänken unter uralten Bäumen und natürlich im Spielsaal "Graf Ernst" - überall Schachspieler, frohgemut erwacht aus einer Art Winterschlaf.
Darunter eine Delegation junger Kaderspieler Sachsen-Anhalts. Mit prominenter Trainerbegleitung in Gestalt von Großmeisterin Tatjana Melamed und Landesmeister Gedeon Hartge. Und tatsächlich platzierten sich zwei dieser Hoffnungsträger mit 5 Punkten in der erweiteren Spitze: Michael Pikalow auf Platz 7 und Valentin Udelnov auf Platz 9. (Mit dem damals noch kleinen Michael Pikalow hatte der Berichterstatter, als aktiver Kadertrainer, noch persönlich trainiert und macht deshalb unbedingt einen winzigen Mikro-Anteil an seinen vielen folgenden Erfolgen geltend.)  Mit ebenfalls 5 Punkten wurde Alexander Ziervogel (Platz 10) bester Hettstedter.

Den Turniersieg sicherte sich mit sehr starken 6 Punkten aus 7 Partien der junge Luxemburger Stefan Maltezeanu. Stefan will bald in Deutschland ein Studium aufnehmen und hat sich spontan entschlossen, auch einem deutschen Schachklub beizutreten. Wir haben sofort die Schachfreunde Hettstedt empfohlen - und freuen uns jetzt über ein neues Mitglied.
Platz zwei belegte Josip Gazic vom SV Lingen und Platz drei Gerrit Hourigan von den Namensbrüdern "Schachfreunde Hamburg". Gerrit ist mehrfacher Hamburger Schülermeister und nach dem Mansfelder Sommerschach-Turnier eventuell sogar FIDE-Meister. Internationale Gäste kamen weiterhin aus Norwegen und Amsterdam.

Einige Gäste der "Inkrement-Generation" - also Magnus Carlsen und jünger - spielten auf dem Schloßberg erstmals (und letztmals) mit den mechanischen Schachuhren der Marke "Ruhla". Dieses Modell war zwar schon bei vielen Weltmeisterschaften im Einsatz, ist aber der jungen Generation wegen seiner nur analogen und damit nicht sekundengenauen Zeit-Anzeige überaus suspekt. Nun geht auch diese nostalgische Ära zu Ende und im nächsten Sommer wird mit elektronischen Uhren gespielt. 

Einen weiteren historischen Zusammenhang kann man übrigens zwischen unserem Luxemburger Turniersieger und dem Mansfelder Grafengeschlecht herstellen. Denn Peter Ernst I. von Mansfeld Vorderort war von 1545 bis 1604 Statthalter von Luxemburg.   
Alle Tabellen zum Schachsommer auf Schloß Mansfeld schon bald auf www.kalliwoda.de